10. Februar 2024

Vater-Kind-Kur

Eine der Hilfen, die ich nach der nervenaufreibenden Zeit der Trennung annahm, war der Besuch einer Vater-Kind-Kur. Der Alltag funktionierte sehr gut, seitdem ich in Teilzeit arbeitete. Trotzdem hatten die Kinder und ich eine Auszeit notwendig.

Aber was sollte helfen? Einfach Urlaub buchen und los?

Das würde an unserer Situation wahrscheinlich nicht helfen. Die Kur-Angebote schreckten mich erst einmal ab, da es im Internet überall nur Angebote für Mutter-Kind-Kuren gab, die mich als alleinerziehenden Vater nicht ansprachen.

Die Suche

Meine Hausärztin fand jedoch mögliche Angebote, welche nicht nur auf meine Bedürfnisse, sondern auch auf die der Kinder passten. Nach einer weiteren Konsultation, diesmal mit der Kinderärztin, wurde der Entschluss schnell Realität. Die Krankenkasse stimmte zu, mein Arbeitgeber und die Schulen machten ohne Umschweife mit und so begann unser Abenteuer.

Ich hatte mich schließlich für eine Kur im Südschwarzwald nahe der Schweizer Grenze entschlossen. Der Schwerpunkt lag auf Trennungsbewältigung und Gesundheit – bei allen Dreien – mit einer Dauer von drei Wochen. Der Zeitpunkt der Kur war von Mitte November bis Dezember 2019 und damit direkt vor sämtlichen Corona-Auflagen. Es war im Nachhinein die perfekte Zeit für uns.

gray road in between tall tress at daytime

Das Abenteuer

Dort angekommen wurde schnell klar, dass es zwar auch ein paar wenige Familien gab, die diesen Kurort ausgewählt hatten. Jedoch war ein deutlicher Überschuss an alleinerziehenden Kurteilnehmerinnen schnell ersichtlich. Denn das Kurhaus bot nicht nur Trennungsbewältigung an, sondern richtete sich auch an Familien mit Kindern, welchen ADHS oder Essprobleme diagnostiziert wurden.

Das Kurprogramm war bei mir sehr straff angesetzt. Jeder Wochentag war von frühmorgens bis zum Abendessen durchorganisiert. Es gab Pflicht- aber auch freiwillige Wahltermine. Von großer Pause oder gar Urlaub konnte man nicht sprechen. Nur das Wochenende war frei verfügbar. Die Ausstattung mit Möbeln des Hauses entsprach eher den Spätachtzigern. Ein Fernseher war zwar vorhanden, das Kabel dazu musste gemietet werden. An Internet war nicht zu denken. Wir empfanden das jedoch nicht als störend. Jedoch kann ich mir vorstellen, dass einige das so nicht mehr als zeitgemäß empfinden.


Einrichtung des Zimmers


Das Kurprogramm der Kids war reduzierter, da sie während der Kur ihre von den jeweiligen Schulen mitgegebene Unterrichtsmaterial bearbeiten sollten. So besuchten sie die Kurschule oder den Kurhort, falls sie noch nicht schulpflichtig waren. Die Kurlehrerschaft hatten die Möglichkeit, die regulären Lehrer und Lehrerinnen entweder per Telefon oder Mail über den Fortschritt zu unterrichten. Das klappte unterschiedlich gut und ist stark von der jeweiligen Schule, aber nach diversen Berichten von Eltern, auch von der jeweiligen Kureinrichtung abhängig. Waren die Vorgaben für den Tag erledigt, wurden die Kinder nach der Schulzeit durch mehrere Hortmitarbeiterinnen betreut. Diese organisierten auch diverse alters angepasste Ausflüge, sei es in ein Freizeitbad oder eine Schnitzeljagd.

Der Kontakt zu anderen Personen, die durch Trennung oder Scheidung Kur-bedürftig waren, wurde durch diverse Therapien und Einzelsitzungen ermöglicht. Das ermöglichte auch einen leichteren Austausch nach dem offiziellen Kurprogramm am Abend und es bildeten sich schnell kleinere Grüppchen unterschiedlich Betroffener.

Waren die Kinder zunächst zu Beginn der Kur etwas skeptisch, tauten sie nach dem ersten Wochenende auf. Sie fanden rasch Anschluss. Der erste kritische Moment war allerdings kurz nach Anbruch der dritten Woche gekommen. Der Auslöser schlechter und trauriger Laune war der Rückreisetag von neugewonnenen Freundschaften. Auch merkte ich, dass die beiden am Ende des letzten Kur-Wochenendes Heimweh entwickelten. So war die Dauer der Kur in dem Fall passend.

Aussicht vom Balkon

Fazit

Ob der Besuch der Kur tatsächlich etwas gebracht hat, lässt sich im Nachhinein nicht eindeutig klären. Das Kurhotel und die Umgebung waren sehr gut gewählt. Die einzelnen Therapien und Sitzungen vermittelten das Gefühl, nicht der einzige zu sein, der Probleme mit der Trennungsbewältigung hatte. Den Kindern wurde aufgezeigt, dass auch andere Gleichalterige davon betroffen waren, hatten sie doch Angst aufgrund der Trennung als sonderbar zu gelten.

Dennoch tat die Abwechslung, das Abenteuer uns gut. Es war zwar kein Urlaub, jedoch eine Zeit, die allen in Erinnerung blieb. Noch Monate danach wurde ich gefragt, wann wir denn wieder dort hingehen würden. Zwar versandeten die Kontakte nach und nach, doch allgemein blieb das Gute im Gedächtnis.



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